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POPMAGAZIN-Interview mit Julian le Play: "Das geht mir echt unter die Haut!"

Mit "Tandem" erreichte Julian le Play erstmals Platz 1 in den Austro Top 40 Longplay Charts. (c) Danny Jungslund
Mit "Tandem" erreichte Julian le Play erstmals Platz 1 in den Austro Top 40 Longplay Charts. (c) Danny Jungslund
Bei den Aufnahmen. (c) Danny Jungslund
Bei den Aufnahmen. (c) Danny Jungslund

WIEN. Sänger JULIAN LE PLAY spricht im POPMAGAZIN-Interview mit Redakteur Hans Jürgen Miggl über sein aktuelles Album Tandem, kleine Lebenskrisen und wann er am kreativsten sein kann. 

 

POPMAGAZIN: Wann bist du zum letzten Mal mit einem Tandem gefahren?

JULIAN LE PLAY: (lacht) Gute Frage! Tatsächlich noch nie. Da braucht man auf jeden Fall einen guten Tandem-Partner. Jemanden, der sich gleich oder noch mehr anstrengt, dass man nicht alleine treten muss.

 

Dein aktuelles Album heißt Tandem. Dieses Mal bist du es anders angegangen und hast dir Co-Writer ins Boot geholt. Warum dieser Wandel?

 

Es gibt dazu mehrere Erklärungen. Die einfachste ist, dass es mir keinen Spaß mehr machte, alles alleine zu schreiben. Musik mache ich in erster Linie nur, wenn es mir Spaß macht. Mit 16 Jahren gründete ich eine Schulband. Dann folgten meine drei Alben. Und nun habe ich beim Schreiben gemerkt, dass ich z.B. in Rovinj (Kroatien), wo ich gerne schrieb, einfach nur mehr Wiederholungen früherer Songs schaffte. Dann dachte ich mir: Okay, dann probiere ich es doch mal mit anderen Leuten? Und schaue einfach, wie es ist, wenn du so wie früher mit der Schulband zu dritt oder viert, im Raum sitzt. Das hat mir wieder einen ultimativen Spaß gemacht.

(c) Danny Jungslund
(c) Danny Jungslund

Nach welchen Kriterien wählst du deine Songwriting-Partner aus?

Einfach quer durch. Du kennst vielleicht Jim Carreys Ja-Sager-Film, wo er zu allem "Ja" sagt? So ähnlich war es bei mir vor zwei, drei Jahren. Ich legte all die Bedenken ab und, wenn du wer fragte, dann sagte ich einfach: Ja! Probieren wir es aus. Schlimmstenfalls ist es ein Tag, der in die Hose geht, wenn es nicht passt. Genauso, wenn du bei jemanden das Gefühl hast, dass es passen wird, dann traue dich ihn/sie zu fragen. So kam es u.a. zur Zusammenarbeit mit Filou, der mein halbes Album produzierte. Auch über Instagram fand spannende Leute. 

 

Wären die Songs von Tandem anders geworden, wenn du sie alleine geschrieben hättest?

Auf jeden Fall. Ich habe schon die Tendenz, wenn ich alleine schreibe, dass es melancholischer wird. Also viel ruhiger und mehr in Richtung Ballade. Sobald jemand beisitzt und gerade meine Partner sind eher lockere Typen, die mein Album zum sicherlich positivsten meiner Karriere machten. Es sind da nicht mehr diese ruhigen Nummern drauf.

 

(c) Danny Jungslund
(c) Danny Jungslund

Was ist dein eigener Lieblingssong?

Lass mich kurz überlegen: Millionär. Ich mag einfach die Message dieses Songs, dass man keinen Porsche vor der Tür braucht. Und, dass das dich reicht macht, einfach in dir drinnen ist.  

 

Wenn du nun an deine Anfänge denkst. Wann hast du gewusst, dass du Musiker werden willst?

Es war so wie eine DNA, also in mir eingepflanzt. Mit jedem Jahr meines Lebens wurde es klarer. Schon in der Volksschule begann es. Dass es dann wirklich passiert ist und so wie es jetzt ist, ist es der Wahnsinn! Ich hätte es wohl irgendwann auch unterdrücken können, aber dann wäre ich sicher recht unglücklich geworden. 

 

Damals hast du auch bei der ORF-Castingshow Helden von morgen mitgemacht. Würdest du es heute nochmals machen? Wenn es nicht so gut geklappt hätte, hätte es einen neuerlichen Anlauf gegeben?

Das kann ich dir so nicht sagen. Ich sage, dass es reicht, wenn man ein einziges Mal dabei war. Aber, wenn es so wäre, würde ich es nochmals so machen wie damals. Es war eine megacoole Erfahrung. Dadurch bin ich extrem gewachsen. Das war schon etwas, wenn man jeden Freitagabend um 20:15 Uhr live vor knapp einer Million Menschen auftrat. So ein Training bekommst du nie wieder. Ich sehe das Ganze nun rückblickend wie eine Ausbildung. Du kannst jede Uni der Welt besuchen, aber das wirst du nirgends lernen! 

 

Warst du also immer am richtigen Ort oder passierte vieles aus Zufällen?

Zufälle waren es wohl nicht. Bei einem Song kannst du es versuchen, dass du Glück hast. Aber über mehrere Alben erfolgreich zu sein geht es nur, wenn du vollkommen dabei bist. Und, wenn man selbst viel dazu beiträgt. 

 

Was konntest du alles aus der ersten Corona-Zeit mitnehmen?

Für mich war es fast sogar positiv. Mein Album hätte im April erscheinen sollen.  Und ich war, fast wie immer, knapp vor der Deadline fertig geworden. Dann wäre es richtig stressig geworden mit der anschließenden Tour. Das hätte mir wohl nicht so gutgetan. Ich bin im Nachhinein dankbar, dass ich drei zusätzliche Monate hatte, um ein wenig durch zu schnaufen. Ich wurde mir über vieles klarer.  

 

Nun etwas Grundsätzliches: Wann ist für dich ein Song perfekt?

Schwierig! Ich finde, wenn das Paket aus Text, Geschichte und der musikalischen Erzählungsweise stimmig ist. Du kannst den Song mit drei unterschiedlichen Produktionen machen. Wie bei einem Remix, der ganz anders produziert wird. Aber es muss ein für deine Gefühlslage stimmiges Paket sein. Als Beispiel: mein Song "Hellwach". Dieser sollte keine Postdiscoproduktion haben, sondern es sollten die Schmetterlinge im Bauch durch die Musik darin dargestellt werden. Wenn ein Glückgefühl bei mir aufkommt, dann weiß ich es, dass es passt.

(c) Danny Jungslund
(c) Danny Jungslund

Gibt es eine besondere Stimmung oder eine Tageszeit, in der du am besten schreiben kannst?

In der Nacht. Nacht und Tag macht viel aus. Ich denke, dass ich an jedem Ort schreiben kann. Es hilft sogar, wenn ich im Ausland in einem Café bin und die Leute in einer anderen Sprache kommunizieren. Da ist man weniger abgelenkt. 

 

Musiker wie du stehen sehr viel in der Öffentlichkeit. Wie schwer oder leicht fällt es dir aus deinem eigenen Leben zu schreiben?

Sehr leicht! Das Schreiben ist immer das einfachere Thema, schwieriger ist das Vorspielen vor anderen Menschen. Will ich es wirklich, dass es jeder weiß? Aber, man kann sich immer ausreden und sagen, dass ich diese Geschichte frei erfunden habe. 

 

Du hattest schon die ein- oder andere kleine Krise in deiner Laufbahn gut gemeistert. Wie ging es dir dabei?

Ich muss sagen, dass die ersten sechs Jahre richtig durchgerauscht sind. Da gab es kaum Spielraum etwas zu hinterfragen. Es war ein richtiges "Schneller-Höher-Weiter". Wie eine lange Zugfahrt. Nach dem dritten Umsteigen kam der Zug zum Stehen. Eben genau in jener Zeit, wo ich erkannte, dass ich es alleine nicht mehr schaffe und auch den Spaß verloren hatte. Das war sicher die Phase nach dem dritten Album. Nach der dazugehörigen Tour kam ich kurz ins Wanken. 

Julian le Play beim POPMAGAZIN-Interview mit Café Florianihof in Wien-Josefstadt. Es gab Marillensaft gespritzt und Traubensaft. (c) release.at / Josef Schartner
Julian le Play beim POPMAGAZIN-Interview mit Café Florianihof in Wien-Josefstadt. Es gab Marillensaft gespritzt und Traubensaft. (c) release.at / Josef Schartner

Siehst du dich als Vorbild für junge Musiker?

Hm, gute Frage. Ich selbst mich nicht. Es schreiben immer einige Leute, dass sie etwas Spezielles an meinem Projekt wie den Text oder die Musik als Vorbild nehmen. Viele schicken mir etwas via Instagram mit der Frage: Wie findest du es? Oder fragen mich: Ich bin 20 Jahre alt und möchte gerade beginnen. Wie geht das? Wenn ich das Gefühl habe, eine Meinung dazu zu haben, dann sage ich die ihnen auch. 

 

Wie viel Nähe eines Fans lässt du zu? 

Wofür mich meine Fans mittlerweile kennen ist, dass ich nach jedem Konzert zum Merch-Stand rausgehe und dort noch gute zwei Stunden verbringe. Oft dauert das länger als das Konzert. Wie z. B. 2016 nach meinem Arena Open-Air-Show mit 3000 Leuten. Auch da habe ich gesagt: Mir gefällt es und, dass ich nachher noch rausgehe. Es gibt mir auch Energie mit allen zu quatschen und mir Zeit für sie alle zu nehmen. Ich antworte gerne auf Instagram-Nachrichten. Wenn es zu persönlich oder privat wird, blocke ich ab. 

 

Was war die größte Auszeichnung, die du bekommen hast?

Es ist halt schon etwas, das in einem triggert. Aber, wenn meine Eltern in den letzten Monaten sagten, dass sie auf mich stolz sind, dann ist es schon etwas Schönes. Fast mehr wert, wie jeder andere Preis. Das geht unter die Haut.

 

Du hast schon einige Amadeus Awards gewonnen. Welcher glänzt besonders hell für dich?

Sehr cool war es und das passierte auch zwei Mal, dass ich für Melodrom und Zugvögel für das jeweils beste Album ausgezeichnet wurde. Es waren eben Gesamtwerke, die ein oder zwei meiner Lebensjahre umfassten. Bei beiden Malen waren wirklich ganz, ganz große Namen nominiert. Und ich erwartete es mir nicht, dass ich der Gewinner sein werde. 

(c) Danny Jungslund
(c) Danny Jungslund

Welche Argumente lieferst du einer Person, die dich gar nicht kennt, auf eines deiner Konzerte zu gehen oder eine CD zu kaufen?

Was ich oft zu hören bekomme ist, dass ich immer wieder Geschichten erzähle, die man sehr gut kennt oder aus dem eigenen Alltag stammen. Und das finde ich das Schöne an der Kunst, wenn man es schafft, seine Probleme durch meine Musik zu verdrängen und man in eine eigene Geschichte reingezogen wird. In den letzten Jahren habe ich das wohl perfektioniert. 

 

Wer zählt zu deinen LieblingssängerInnen?

Tatsächlich gibt es eine Band, die ich als Geheimtipp bezeichnen würde: Oehl. Ich mag auch Mathea, die ist aber kein Geheimtipp mehr. Die fand ich schon von Beginn an cool. Lou Asril ist auch ein beeindruckender Typ. 

 

Wenn du die freie Wahl hättest: Mit wem würdest du ein gemeinsames Duett singen?

Mit Jamie Cullum. Und auch Dua Lipa. Die wären das Maß aller Dinge.

 

Etwas ganz Anderes: Kalt oder warm duschen?

Warm. Aber: Seit einem halben Jahr dusche ich die letzten 30 Sekunden immer kalt. Um mich in der Früh zu aktivieren. Es hilft sehr!

 

Wenn die Anfrage einer großen Show käme, dich als Juror zu besetzen. Würdest du sie annehmen?

Kommt natürlich auf die Show an. Wenn es eine Show ist, wo ich das Gefühl habe, dass es ihnen um Talente geht und sie auch forciert werden, würde ich es auf jeden Fall machen.

(c) Danny Jungslund
(c) Danny Jungslund

Welchen Berufswunsch hattest du in deiner Kindheit?

Es gibt echt keinen anderen als Musiker. In einem Interview wurde ich auch schon dahingehend befragt und ich antwortete, dass ein großer Beeinflusser die Show "Wetten, dass ...?" war. Und die Auftritte von Stars wie Robbie Williams und Nicole Kidman in der Sendung. Es war das Geilste, dass man sich damals anschauen konnte. Wow, das war der Wahnsinn, wenn Robbie dort sang. 

 

Du hast mit englischsprachigen Songs begonnen. Wann wurden Songs auf Deutsch für dich stimmig?

Es waren viele Stationen. Vom Casting-Teilnehmer, der einige Songs auf Englisch schrieb zu dem Menschen, der wirklich mit ganz viel Leidenschaft deutsche Texte schreibt und vier Alben machte. Englisch hat damals jeder gesungen. In Australien setzte ich mich viel damit auseinander. Irgendwann stand ich an. Ich fand nicht die richtigen Worte, um mich gut ausdrücken zu können. Also kann dann Deutsch.

 

Wie gehst du mit Kritik im Internet um?

Immer, dass ich mich gegen Kritik stelle. (haha). Und den anderen noch schlimmer kritisiere. Das ist tatsächlich manchmal ein Reflex, den man nicht verhindern kann.  Es wäre sicher gelogen, dass mich das total kalt lässt. Es ist schon etwas, wenn man etwas von sich preisgibt, seine Texte dazu schreibt.  Klar ist es ein zweischneidiges Schwert. Ich freue mich über positive Kritik und natürlich ärgere ich mich über Negatives. Ich lese die Kommentare. Auch hie und da, was in Zeitungen steht und nehme beide Seiten mit. 

 

Mit welcher Person würdest du für eine Woche tauschen wollen?

Sehr gute Frage! Mit Donald Trump. Dann würde ich ganz schnell sehr viele Gesetze durchpeitschen. Und ein paar freundlichere Sachen als er machen. 

(c) danny Jungslund
(c) danny Jungslund

JULIAN LE PLAY IN ZAHLEN

 

Wie viel Zeit verbringst du auf Social Media pro Tag? Zwei Stunden.

Wie viele CDs, Platten oder Kassetten gibt es in deinem Regal? 150.

Wie viel sollte ein Konzertticket maximal kosten? Sollte ein wenig unter 100 Euro liegen. Alles darüber ist schon eine gewisse Schmerzgrenze.

Wie viele Steine hast du schon ins Meer * geworfen? Gute Frage! Sehr viele, sicher über 100.

* Song von Julian le Play: Stein ins Meer

Wie viele Tassen Kaffee "brauchst" du am Tag? Sicher zwei.

 

ENTSCHEIDE DICH!

 

Bier oder Baileys? Baileys.

Stadt oder Land? Stadt.

In der ersten oder der letzten Reihe bei einem Konzert? Das hat sich geändert, also mittlerweile die letzte Reihe.

Spotify oder Youtube?

Beides.

 

STECKBRIEF: JULIAN LE PLAY

Lieblingsspeise: Spinatknödel.

Lieblingsgetränk: Marille gespritzt.

Lebensmotto: Ich mach das jetzt einfach so!

Traumurlaub: Sri Lanka.

Meine Vorbilder: Meine Eltern.

Lieblingsserie: Haus des Geldes.

POPMAGAZIN 04/2020: Interview mit JULIAN LE PLAY